Besinnung

Ostern
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„Passion“ im Oval Office

Von den 19 Emporenbildern in der Baiersdorfer Stadtpfarrkirche sind allein neun der Passion Jesu Christi gewidmet. Wer im Kirchenschiff sitzt, hat sie im Rücken. Unsere Augen haften selten auf den Szenen der Geißelung und der Verspottung Jesu oder seiner Zurschaustellung.

Nicht abwenden konnte ich mich hingegen von den Bildern, die am 28. Februar über den Bildschirm flimmerten. Da wurde der ukrainische Präsident vor laufenden Kameras vorgeführt, mit Vorwürfen gegeißelt, gedemütigt, gemaßregelt und erpresst.

Ich weiß auch, dass Wolodymyr Selenskyj nicht Jesus Christus ist und Donald Trump nicht Pontius Pilatus. Aber mir wurden durch diesen Anblick die Bilder der Passion Jesu lebendig wie nie zuvor: So sieht das also aus, wenn ein Machtapparat zuschlägt, einen Ohnmächtigen zur Schau stellt und erniedrigt.

Als Gott seinen einzigen Sohn gab, den Menschen in die Hände gegeben und den menschlichen Machtspielen ausgeliefert, da war er verloren. „Weiß du nicht, dass ich Macht habe, dich zu kreuzigen oder dich loszugeben“, fragt Pilatus. Jesus sagt noch: „Du hättest keine Macht, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre.“ Dann fällt er ins Schweigen. Sein Reich ist nicht von dieser Welt. Niemand tritt an seine Seite. Keiner verbündet sich mit ihm.

„Am Kreuz lässt Christus öffentlich vor allem Volke töten sich; da er durchs Todes Kerker bricht, lässt er’s die Menschen sehen nicht“, so singt es eines unserer schönen alten Osterlieder und buchstabiert durch, was es heißt, dass letztlich doch einer, der eine Entscheidende zu ihm stand: sein Vater.

„Hier ist noch nicht ganz kundgemacht, was er aus seinem Grab gebracht, der große Schatz, die reiche Beut, drauf sich ein Christ so herzlich freut“, EG 111,8.

Ja, die Kunde ist noch nicht überall angekommen, dass der Gedemütigte gesiegt hat. Jesu Tod ist unser Leben. Seine Auferstehung unsere Zukunft. Das feiern wir zu Ostern.

Pfarrerin Christine Jahn